Lange sah es so aus, als würden massenhafte Abmahnungen wegen Datenschutzverletzungen ausbleiben. Nachdem nun einzelne Gerichte entschieden haben, dass auch Einzelpersonen nach dem Besuch einer Webseite, die nicht datenschutzkonform ist, einen Schadensersatz verlangen können, hat sich das geändert. Aktuell beanstanden Anwälte die Nutzung von Google Fonts.


Was ist Google Fonts? 


Damit Webseiten auf allen Endgeräten gleich aussehen, müssen die Schriftarten mitgeliefert werden. Google Fonts übernimmt diese Aufgabe, indem es die benötigten Dateien bei Google abruft und dem Nutzer zur Verfügung stellt. Beim Abruf der Schriftarten wird die IP-Adresse des Nutzers gegenüber Google offengelegt. 

Was ist das Problem? 


 Diese IP-Adresse wird von der Rechtsprechung als personenbezogenes Datum angesehen. Die Übermittlung an Google stellt somit eine Verarbeitung personenbezogener Daten dar, für die es eine Rechtsgrundlage braucht. 

Als Rechtsgrundlage würde nur ein berechtigtes Interesse des Webseitenbetreibers in Betracht kommen. Das Landgericht München I hat hierzu entschieden, dass ein solches nicht besteht (LG München I, Endurteil vom 20.01.2022 - 3 O 17493/20). Denn Google Fonts könne, so das Gericht, auch genutzt werden, ohne dass beim Aufruf der Webseite eine Verbindung zu einem Google-Server hergestellt werde und eine Übertragung der IP-Adresse der Webseitennutzer an Google stattfinde. 

Nach dieser Entscheidung darf Google Fonts also erst geladen werden, wenn die Nutzer ihre Einwilligung erklärt haben. Wenn Webseitenbetreiber dies nicht tun, riskieren sie eine Abmahnung. Zudem hat das Gericht dem betroffenen Nutzer einen Schadensersatz in Höhe von 100,00 € zugesprochen. Eine Steilvorlage für Abmahnanwälte. 

Was wird in den Abmahnungen gefordert? 


Meiner Kanzlei liegen mehrere Schreiben eines Rechtsanwalts Kilian Lenard aus Berlin vor. Dieser vertritt eine Einzelperson, die behauptet „Teil der Interessengemeinschaft Datenschutz“ zu sein. Die betroffene Person habe die Webseite aufgerufen und sei ihn ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt. 

Zur Erledigung der Sache wird vorgeschlagen, den Verstoß zu beseitigen und einen Pauschalbetrag in Höhe von 170,00 € zu zahlen. 

Sind die Ansprüche berechtigt? 


Es ist schwer zu sagen, wie die Gerichte mit diesen Aufforderungen umgehen werden. Ausgehend von der Rechtsprechung des Landgerichts München I würde eine Datenschutzverletzung vorliegen und Nutzer könnten Unterlassung verlangen. 

Diese Konsequenz ziehen die bekannten Schreiben bisher nicht, sondern verlangen einen eher überschaubaren Betrag, der vermutlich in einigen Fällen dazu führen wird, dass die Betroffenen zahlen. Interessant ist dabei, dass nicht einmal klar ist, wen der Anwalt genau vertritt, da eine Anschrift nicht genannt wird. 

Derartige Zahlungsaufforderungen können rechtsmissbräuchlich sein. Ob dies vorliegend auch so ist, werden die Gerichte entscheiden müssen. 

Was ist zu tun? 


Alle Webseitenbetreiber sollten, unabhängig davon, ob sie bereits ein Schreiben vom Anwalt erhalten haben, überprüfen, ob sie Google Fonts datenschutzkonform eingebunden haben. Das geht zum Beispiel mit der Analyse von Einfach Abmahnsicher. Falls Google Fonts ohne Einwilligung des Nutzers geladen wird, sollte dies umgehend behoben werden. Wie Sie Google Fonts lokal einbinden, erläutert unter anderem ein Artikel beim Hostingunternehmen Mittwald

Falls Sie eine Abmahnung erhalten haben, müssen Sie den Verstoß beseitigen und können dann überlegen, wie Sie vorgehen. Es gibt verschiedene Optionen: 

  • Nicht reagieren: In diesem Falle besteht ein Risiko, dass die Gegenseite einen Schritt weiter geht und Sie zur Unterlassung auffordert. In diesem Falle könnten weitere Kosten entstehen.

  • Vorbeugende Unterlassungserklärung abgeben: Wenn Sie sich sicher sind, dass Sie den Verstoß nicht erneut begehen, können Sie sich proaktiv zur Unterlassung verpflichten. Dieser Weg ist aber mit erheblichen Risiken verbunden, da eine Unterlassungserklärung Sie langfristig bindet und im Falle eines Verstoßes ein empfindlicher Geldbetrag an die Gegenseite zu zahlen wäre.

  • Geforderten Betrag zahlen: Mit einer Zahlung würden Sie das „Geschäftsmodell“ der „Interessengemeinschaft“ stützen. Es ist zudem nicht ausgeschlossen, dass die Gegenseite nicht mit weiteren Forderungen auf Sie zutritt.


Für welchen Weg Sie sich entscheiden, müssen Sie natürlich selbst abwägen. Derzeit sind die Aufforderungen noch zu neu, um prognostizieren zu können, wie die Rechtsprechung auf diese mutmaßliche „Welle“ reagieren wird.
 
Am besten ist natürlich, sich vor unerwünschter Anwaltspost zu schützen, indem Sie Ihre Webseite abmahnsicher machen.